Histologische Technik
Die mikroskopische Beurteilung histologischen Untersuchungsmaterials durch den Pathologen steht fast ganz am Ende eines zeit- und personalaufwendigen Bearbeitungsprozesses, dessen verschiedene Schritte nachfolgend aufgelistet sind:
- Vergabe der Eingangsnummern (mit Barcode-Etiketten für Einsendungsgefäße und Begleitschein) zwecks nachfolgend eindeutiger Zuordnung von Kapseln, Schnitten, Blöcken und Befund
- Erfassung der Patienten- und Falldaten im EDV-System
- Makroskopische Inspektion mit Vermessung und Beschreibung des Gewebsmaterials; bei größeren, nicht komplett einzubettenden Präparaten Zuschnitt diagnostisch relevanter Anteile (durch den Pathologen)
- Einkapseln der zu untersuchenden Proben in Einbettungskassetten
- Entwässerung der Proben in der aufsteigenden Alkoholreihe als Voraussetzung für die anschließende Imprägnierung mit flüssigem Paraffin
- Ausgießen der Proben in Paraffinblöcke
- Schneiden der Blöcke und Aufziehen der 2-5 Mikrometer dünnen Paraffinschnitte auf Objektträger
- Entparaffinierung und Färbung der Schnitte (obligat Hämatoxylin-Eosin-Färbung sowie abhängig von Lokalisation und klinischer Fragestellung ggf. zusätzlich Spezialfärbungen)
- Versiegelung der gefärbten Schnitte durch Deckgläschen oder Eindeckfolie
- Zusammenführen von Schnitten und Einsendungsschein und Abgabe an den Pathologen zur mikroskopischen Beurteilung und zum Diktat des Berichts
- Schreiben, Validierung und Versand des Befundberichts
- Elektronische Archivierung von Befund und Begleitschein
- Physische Archivierung von Schnitten und Blöcken
Der Einbettungsprozess beansprucht für die überwiegende Mehrzahl der Proben etwa 10 Stunden und erfolgt in sog. Entwässerungsautomaten in der Regel über Nacht. Dies erklärt, weshalb histologische Befunde üblicherweise erst im Laufe des der Einsendung folgenden Arbeitstages erstellt werden können. Einen Arbeitstag länger dauern kann die Befunderstellung bei größeren Operationspräparaten, bei denen vor dem Zuschnitt zunächst eine ausreichende Diffusion des Fixierungsmittels in das Gewebe abgewartet werden muss (in der Regel Formalin-Fixation über mindestens 24 Stunden). Im Vordergrund steht hier nicht eine schnelle Befunderhebung, sondern eine optimale Gewebsfixation als Voraussetzung für eine gute Schnittqualität und dadurch exakte artefaktfreie Beurteilbarkeit (z.B. hinsichtlich der Abstände eines Tumors zum Resektionsrand).
Bei sog. cito-Untersuchungen erfolgt die Materialbearbeitung wie eingangs dargestellt. Hinsichtlich der sich an die Entwässerung des Materials anschließenden Schritte werden diese Proben aber bevorzugt und beschleunigt bearbeitet, so dass in der Regel am der Einsendung folgenden Arbeitstag bereits morgens bis etwa 10 Uhr ein histologischer Befund erhoben und die Diagnose telefonisch oder per Fax übermittelt werden kann.
Eine noch kürzere Umlaufzeit ist im Rahmen einer sog. Schnelleinbettung möglich. Hierfür kommen ausschließlich Proben von Nadel- oder Zangenbiopsien in Betracht, die gut fixiert sind und bis spätestens 12 Uhr in unserem Labor eintreffen. Nur bei derartigen Proben kann die Entwässerung in einem wenige Stunden dauernden Kurzprogramm vorgenommen und der gesamte Prozess einschließlich Befundübermittlung bis zum späten Nachmittag abgeschlossen werden.
Es liegt auf der Hand, dass die aufwendigen cito-Untersuchungen und Schnelleinbettungen Biopsien mit hoher Dringlichkeitsstufe vorbehalten sein sollten, bei denen die histologische Diagnose unmittelbare Auswirkungen auf kurzfristig erforderliche therapeutische Maßnahmen hat. Dies trifft in noch höherem Maße für die Schnellschnittdiagnostik zu, bei der ein mikroskopischer Befund während einer Operation erstellt und das Ergebnis Einfluss auf den weiteren Verlauf des Eingriffs hat. Die häufigsten Indikationen für diese Methode sind die intraoperative Beurteilung der Dignität einer Läsion oder der Vollständigkeit einer Resektion. Statt der für die Paraffinschnitttechnik nötigen zeitintensiven Fixation werden die Gewebsproben tiefgefroren am Gefriermikrotom geschnitten. Von diesen sog. Kryostat- oder Gefrierschnitten werden in einem verkürzten Färbeverfahren mikroskopisch beurteilbare Präparate hergestellt, so dass die Diagnose in der Regel innerhalb eines Zeitraums von 15 bis 20 Minuten nach Eintreffen der Probe im Labor telefonisch an den Operateur übermittelt werden kann.
Gefrierschnitte haben methodenimmanent nicht dieselbe hohe technische Qualität und daher nicht dieselbe diagnostische Aussagekraft wie die nach schonenderer Gewebsaufarbeitung erzielten Paraffinschnitte. Daher wird das nicht für den Schnellschnitt verbrauchte Restgewebe fixiert und dem eingangs beschriebenen normalen Einbettungsverfahren unterzogen. Die endgültige Diagnosestellung erfolgt nach Beurteilung auch der dadurch erzielten definitiven Schnittpräparate und ggf. auch erst nach Anfertigung ergänzender Spezialfärbungen und möglicherweise auch immunhistologischer Zusatzuntersuchungen.
Standardmäßig werden alle histologischen Schnittpräparate Hämatoxylin-Eosin-gefärbt. In Abhängigkeit von der Herkunft der Gewebsproben und etwaigen besonderen Fragestellungen kommen zusätzlich Spezialfärbungen (z.B. PAS, Alcianblau, Giemsa, van Gieson, Elastika, Gomori, Ziehl-Neelsen, Kongorot) zur Anwendung, mit deren Hilfe bestimmte Gewebsstrukturen, aber auch Sekretionsprodukte, Substanzablagerungen, Pigmente oder Mikroorganismen besser und teilweise selektiv sichtbar und damit diagnostisch nutzbar gemacht werden können. Eine Vielzahl von Erkrankungen kann ohne diese Methodik nicht oder nicht mit der erforderlichen Sicherheit diagnostiziert werden, weshalb eine breite Palette an Spezialfärbungen für den entsprechenden Bedarfsfall vorgehalten werden muss.
Dasselbe gilt für die Immunhistologie als weiterer, die konventionell-histologische Diagnostik ergänzender Technik. Dabei werden im Gewebsschnitt enthaltene Antigene (z.B. Struktur- oder Funktionsproteine, Hormonrezeptoren, Wachstumsfaktoren, virale Proteine) mittels spezifischer monoklonaler oder polyklonaler Antikörper erkannt und durch eine daran gekoppelte Farbstoffreaktion nachgewiesen. Aufgrund der immunhistologischen Charakterisierung bestimmter Zellpopulationen können beispielsweise bei einigen, mittels konventioneller Färbungen nicht eindeutig klassifizierbaren Tumoren Aussagen zur Dignität oder zur Histogenese getroffen werden. In anderen Fällen erlaubt die Immunhistologie Aussagen zur Prognose oder zur Wirksamkeit bestimmter Therapieverfahren. Außerhalb der Tumorpathologie hat die Immunhistologie Bedeutung u.a. bei der Diagnostik immunologisch vermittelter Erkrankungen wie auch beim Nachweis infektiöser Krankheitserreger.